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Frankfurt & Rhein-Main
13. Januar 2015 - Zu wenig Anreiz für Lärm-Reduzierung / Luftverkehrswirtschaft sträubt sich gegen technischen Fortschritt
Der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat die neuen Lärmentgelte für alle Starts und Landungen am Frankfurter Flughafen unter die Lupe genommen. Mit den in 16 Stufen gestaffelten Entgelten verfolgt der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir das Ziel, dass die Fluggesellschaften Frankfurt mit leiseren Maschinen anfliegen. Der VCD hält die Grundidee für richtig, kritisiert die derzeitige Spreizung aber als nicht ausreichend für eine spürbare Fluglärm-Reduzierung. So würden einige besonders laute Lufthansa-Lieblinge von Fraport geschont.
22.680 Euro muss eine Fluggesellschaft für einen Start des lautesten Flugzeugtyps berappen. Eine spektakuläre Summe, die den Eindruck vermittelt, als würde die Fraport jetzt richtig durchgreifen beim Lärmschutz. Werner Geiß, Landesvorstand und Luftfahrt-Experte beim VCD Hessen, klärt auf: „Diese höchste Stufe gilt für museale Flugzeugtypen aus den 60er Jahren, wie B 707, DC-8 oder DC-9. Solche Maschinen sind schon seit Jahrzehnten nicht mehr in Frankfurt gestartet. Die Höchstsumme existiert also nur auf dem Papier.“
Problematisch an den neuen Entgelten ist laut VCD, dass sie nicht linear gestaltet sind. Die zweitlauteste Entgeltstufe liegt nicht etwa knapp unter der lautesten, sondern 20.000 Euro darunter, bei nur noch 2.754 Euro. „Die 16 Stufen bieten eigentlich die Chance auf ein gerechtes und wirksames Anreizsystem. Stattdessen aber werden die die riesigen neuen, sehr lauten Flaggschiffe der Lufthansa, Boeing 747-8 und Airbus A380, verschont“, so Geiß. Für den VCD ein Indiz dafür, dass die Fraport sich mit aller Macht an der überflüssigen Drehkreuzfunktion festklammert.
„Weltweit werden immer mehr Ballungsräume mit sparsamen, kleineren Jets aus Verbundwerkstoff direkt verbunden, ohne Umsteigen auf einem Drehkreuz. Es ist völlig unverständlich, dass sich die deutsche Luftwirtschaft derart gegen die Marktentwicklung und den technischen Fortschritt sträubt. Dem Komfort des Passagiers dient diese Blockadehaltung genauso wenig wie dem lärmgeplagten Anwohner“, analysiert Geiß. Deutsche Ballungsräume wie das Ruhrgebiet, Berlin, Hamburg oder Stuttgart könnten mit den wichtigen Metropolen der Welt direkt verbunden werden, ohne lärmverursachendes Umsteigen in Frankfurt.
Herkömmliche, schwere Riesen-Maschinen wie die B747-8 kosten laut neuer Entgeltordnung nur etwa 600 Euro pro Start mehr als der moderne Verbundwerkstoff-Jet Boeing B787, der gezielt für umsteigefreie Langstrecken zwischen weltweiten Zielen konstruiert ist. Er ist sogar leiser als manches Kurzstreckenmodell und wäre vorteilhaft für Umwelt, Klima, Fluggäste und Flughafenanrainer. Geiß: „Bei solch geringen Differenzen lohnt sich der Umstieg der Fluggesellschaften auf das leisere Modell nicht. Die Spreizung der Lärmentgelte muss deutlich ausgeweitet werden, um einen echten Anreiz für leisere Technologie zu schaffen.“
Verwundert zeigt sich der VCD Hessen, dass der modernste kleinere Langstreckenjet Airbus A350 in der Entgelt-Liste überhaupt nicht berücksichtigt wurde, obwohl auch er inzwischen international im Liniendienst steht – nur bisher eben nicht in Deutschland.