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Nordmainische S-Bahn: Flexibilität fehlt, VCD kritisiert "Tunnelblick"

WIESBADEN, 25.04.2016. Am Dienstag, 26. April, beginnen die Erörterungstermine zum Planfeststellungsabschnitt 1, Frankfurt am Main, der Nordmainischen S-Bahn. Behörden, Privatpersonen, Verbände und andere haben dann die Möglichkeit, auf die Erwiderung ihrer Einwendungen durch die DB Netz AG einzugehen. Doch verkehrlich sinnvolle Änderungen sind davon aus Sicht des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), Landesverband Hessen nicht mehr zu erwarten. Der VCD Hessen hat deshalb entscheiden, sich an weiteren Erörterungsterminen zu diesem Planfeststellungsabschnitt vorerst nicht mehr zu beteiligen. „Grundsätzlich begrüßen wir eine Verbesserung auf der nordmainischen Strecke. Wir merken aber, dass wir gegen den Tunnelblick der Planungsbeteiligten machtlos sind – egal, wie fundiert wir unsere Einwendungen formulieren.

Die Verbände-Beteiligung wird abgespult, ohne dass überhaupt Spielraum für Änderungen vorgesehen scheint. Als ehrenamtlicher Verband haben wir hier schon unzählige Stunden an Arbeit hineingesteckt, ohne auf Gehör zu stoßen“, so VCD-Landesvorsitzender Mathias Biemann.

Der ökologische Verkehrsclub hatte sich unter anderem gegen die geringe Flexibilität der vorliegenden Planung gewendet. „Die für die S-Bahn neu entstehenden Gleise könnten mehr Nutzen stiften, als zwei – in einzelnen Stunden vier – Züge pro Stunde von und nach Hanau durch den Frankfurter S-Bahn-Tunnel zu führen“, bemängelt Mathias Biemann.

Der VCD hatte in seiner Einwendung verschiedene Vorschläge gemacht, wie die neuen Gleise für den gesamten nordmainischen Personen- und Güterverkehr von größerem Nutzen sein könnten. Würden die zukünftigen S-Bahn-Gleise über Weichen mit den vorhandenen Gleisen des Nah- und Fernverkehrs verbunden, könnte die Streckenkapazität in Zukunft deutlich erhöht werden. Nicht nur bei Behinderungen wäre wäre mehr Flexibilität für diese auch überregional bedeutende Verbindung absolut geboten. Biemann sieht hier Einschränkungen der Planung, die im Straßenverkehr niemals akzeptiert würden: „Stellen Sie sich vor, parallel zu einer stark befahrenen zweispurigen Bundesstraße, auf der es immer wieder zu Verkehrsbehinderungen kommt, würde eine neue zweispurige Straße gebaut, auf der aber nur bestimmte Fahrzeuge fahren könnten. Die Wut aus Politik und Öffentlichkeit wäre den Planern sicher.“

Allgemein sieht der VCD durchaus einen Nutzen darin, den schnellen Verkehr der Regional- und Fernzüge von dem der häufiger haltenden Regional- bzw. S-Bahnen zu trennen. Das ist im S-Bahn-Netz der Region üblich. Aber die parallel zur S-Bahn verlaufenden nordmainischen Gleise werden intensiver genutzt und sind daher weit anfälliger für Behinderungen als beispielsweise die Taunusstrecke Richtung Limburg. Deshalb wäre eine die Verknüpfung der Gleisanlagen eine entscheidende Voraussetzung für mehr Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit.

Die Fehlplanung basiere auf dem Berechnungsverfahren der Wirtschaftlichkeit, das mit sehr eingeschränktem Horizont operiere: „Um die Wirtschaftlichkeit auf dem Papier hoch zu halten, wird auf den Einbau weiterer Weichen verzichtet. Dabei würden gerade sie eine Flexibilität ermöglichen, von der das Gesamtsystem Bahn profitieren würde. Hier wird eindeutig am falschen Ende gespart“, kritisiert der VCD-Landesvorsitzende.

Auch der Lärmschutz ist laut VCD davon betroffen: So ist im Planungsabschnitt Frankfurt entlang der S-Bahn-Gleise zwar eine Lärmschutzwand vorgesehen. Sie wird aber nicht gleichzeitig den Schienenlärm der Bestandsstrecke mindern – obwohl beide direkt nebeneinander liegen.

Folglich erwartet der VCD, dass die Nordmainische S-Bahn ohne wünschenswerte Veränderungen in die weitere Planung geht und es trotzdem noch viele Jahre dauern wird, bis der erste Spatenstich getan ist.

Der VCD Hessen appelliert an die Landes- und Kommunalpolitik, sich mit Ausdauer für die Beteiligung des Bundes an der Finanzierung stark zu machen. In dem vor wenigen Wochen veröffentlichten Entwurf für den Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 wird die S-Bahn-Strecke nur unter „potenzieller Bedarf“ geführt, was eine Finanzierung im Rahmen des Plans praktisch ausschließt. Der Versuch, das Projekt im BVWP unter dem dem Großprojekt „Knoten Frankfurt“ zu subsumieren, taugt aus Sicht des VCD noch nicht einmal als Notlösung. „Die überfälligen Maßnahmen am Knoten Frankfurt sind sowieso schon chronisch unterfinanziert. Hier gibt es nichts zu holen.“

Eine sinnvollere Finanzierungslösung des Nordmainischen Streckenausbaus wäre die Verlängerung des dem Fern- und Güterverkehr dienlichen BVWP-Projekts ABS/NBS Hanau – Würzburg/Fulda – Erfurt bis in den Knoten Frankfurt.

Trotz der bisher nicht gesicherten Finanzierung hofft der VCD in Hessen weiter auf die positive Entwicklung des Projekts Nordmainische S-Bahn und fordert die Politik auf, in den kommenden Nahverkehrsplänen die ÖPNV-Anbindung der umliegenden Städte und Dörfer anzupacken. Die periphere Lage fast aller Haltepunkte zu den Siedlungsschwerpunkten ist heute bereits ein Hemmnis für die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs und könnte sonst den erhofften Erfolg der neuen S-Bahn gefährden.
 

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