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Gießen

Worte der Oberbürgermeisterin müssen nun zu Taten werden

Der VCD Gießen begrüßt ausdrücklich, dass die Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz in ihrer Neujahrsrede dem Thema Verkehr und Mobilität in Gießen höchste Priorität eingeräumt hat. In der Tat gibt es hier einen deutlichen Planungs- und Investitionsstau, insbesondere im Bereich der umweltfreundlichen Verkehrsmittel.

Der VCD Kreisverband Gießen begrüßt ausdrücklich, dass die Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz in ihrer Neujahrsrede dem Thema Verkehr und Mobilität in Gießen höchste Priorität eingeräumt hat. In der Tat gebe es hier einen deutlichen Planungs- und Investitionsstau, insbesondere im Bereich der umweltfreundlichen Verkehrsmittel. Leider wirke sich diese Priorität aber noch nicht im neuen Haushalt aus, den die Oberbürgermeisterin und Kämmererin eingebracht hat.

Ende 2013 hat der VCD nachgezählt: Nur 125 der 316 Gießener Bushaltestellen waren mit Wartehallen ausgestattet. An allen anderen Haltestellen wurden die Fahrgäste buchstäblich im Regen stehen gelassen. In den vergangenen fünf Jahren hat die Stadt lediglich  drei Haltestellen mit einem Wetterschutz nachgerüstet. Der einstimmige Stadtverordnetenbeschluss, an der Haltestelle Hessenhalle in der Rodheimer Straße eine neue Wartehalle aufzustellen, wurde ebenso wenig umgesetzt wie die Forderung  des Fahrgastbeirats, an der wichtigen Haltestelle Südanlage für Wetterschutz zu sorgen. Die Vorgabe des von der Stadtverordnetenversammlung 2014 beschlossenen Nahverkehrsplans, dass alle „Richtungshaltestellen, die überwiegend oder ausschließlich dem Einstieg dienen“, einen Wetterschutz besitzen müssen, sei damit nicht ansatzweise umgesetzt, so der VCD.

Auch bei der Barrierefreiheit ist die Lage im Stadtgebiet schlecht: Erhöhte Bordsteinkanten gab es 2013 nur an 40% aller Bushaltestellen, so dass Gehbehinderten, aber auch Menschen mit Kinderwagen oder Gepäck nur schwer einsteigen können. Obwohl der Nahverkehrsplan vorsieht, dass alle Haltestellen einen Hochbord erhalten sollen, hat sich die Zahl der Hochbord-Haltestellen bis heute gerade mal auf 44% erhöht. Dem Tiefbauamt bleiben somit nur noch drei Jahre, um die Vorgabe des Personenbeförderungsgesetzes umzusetzen, welches eine umfassende Barrierefreiheit bis Ende 2021 vorschreibt. „Uns ist schleierhaft, wie die Stadt Gießen ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachkommen will und innerhalb von drei Jahren jede zweite Gießener Haltestellen umbauen will“, so VCD-Vorstand Patrik Jacob.

Dies seien nur zwei Beispiele für den Investitionsstau. Der VCD habe nun die Hoffnung, dass die Stadt ihre Fehler aus der Vergangenheit erkannt habe und künftig ausreichend Personal und Mittel für Investitionen zur Verfügung stelle. Immer wieder habe der VCD, wie auch andere Verbände auf diese Problematik hingewiesen und angemahnt, Fördergelder von Land und Bund einzuwerben. Seit Jahren stünden auch entsprechende Programme bereit, die andere klamme Kommunen wie Offenbach oder Hanau intensiv nutzen. In Gießen betonten Magistrat und Verwaltung hingegen seit Jahren, dass Förderprogramme nicht genutzt werden sollen, weil dies zu Arbeitsbelastungen in den Fachämtern und der Kämmerei führen würde. Erst jüngst schrieb die Oberbürgermeisterin zu Förderprogrammen im Verkehrsbereich: „Die Antragserstellung ist, wie ich mir habe sagen lassen, sehr aufwendig; dazu fehlt leider momentan das Personal; es gab darüber hinaus finanzielle Gründe. In den Haushalt müssen zunächst die gesamten Mittel eingestellt werden einschließlich der Förderung, die ja dann später wieder zurückfließt. Dies wäre in unserem diesjährigen Haushalt, der „auf Kante genäht“ ist, nicht mehr möglich gewesen.“

Dass der Haushalt so sehr auf Kante genäht ist, liege dabei auch an der Oberbürgermeisterin, denn obwohl sich die Stadt im Rahmen des kommunalen Schutzschirmes gegenüber dem Regierungspräsidium verpflichtet hat, die Einnahmen z.B. durch höhere Parkgebühren in der städtischen Tiefgarage unter dem Rathaus zu steigern, wurde diese Maßnahme bis heute nicht umgesetzt. Während die Preise für die Bus-Einzelfahrkarte seit 2011 in Gießen um 38% gestiegen sind, wurden die Parkgebühren seit 2011 um keinen Cent erhöht. In der Gebührenzone Ia in der Innenstadt gab es seit mehr als 25 Jahren keine Steigerung der Parkgebühren. Die von der Oberbürgermeisterin angeblich angestrebte Verringerung des Individualverkehrs und die Stärkung des ÖPNVs und des Fahrradverkehrs, spiegele sich im Haushalt der Stadt Gießen nicht wieder. Wenn das Parken in der Innenstadt günstiger sei als die Busfahrt in die Stadt, brauche sich niemand im Magistrat über drohende Dieselfahrverbote und Staus, Lärm und dreckige Luft wundern, so der VCD Gießen.

Mehr Tempo forderte der VCD beim Masterplan Green City. Dieser führe sinnvolle Maßnahmen auf, wie die Stadt den Bus-, Rad- und Fußverkehr fördern und die Luft schnell sauberer machen könne. Ziel der vom Bund geforderten Masterpläne sei es, schnelle Sofortmaßnahmen zu ergreifen. Die Stadt Gießen strecke diese Sofortmaßnahmen, zu denen es diverse Förderprogramme von Bund und Land gibt, allerdings bereits: Einige Maßnahmen sollen frühestens bis 2030 umgesetzt werden.

Nicht besser sieht es bei den neuen Bahnhaltepunkten im Stadtgebiet aus, die die Stadtverordneten jüngst mit großer Mehrheit als Prüfantrag an den Magistrat forderten:  Bahnhaltepunkte z.B. im Bereich Aulweg, US-Depot, Sudetenlandstraße oder Kleinlinden schaffen eine bessere Verknüpfung zwischen Stadt und Umland und reduzieren den Autoverkehr  „Wir vermissen aber entsprechende Initiativen der Stadt beim RMV. Dabei drängt die Zeit, denn diese Halte muss die Stadt jetzt in den neuen Regionalen Nahverkehrsplan einbringen, der gerade vom RMV erstellt wird.“, so der VCD Gießen. „Wenn die Stadt jetzt erst einmal ihren städtischen Gesamtverkehrsplan abwartet, sind die Investitionsentscheidungen im RMV längst gefallen und Gießen geht erneut leer aus.“

Der VCD fordert, dass der Magistrat nun den Worten auch endlich Taten folgen lasse. Auf Zeit spielen wie in der Vergangenheit sei aufgrund der drängenden Probleme nicht mehr möglich. Die Verkehrswende, die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs und die Verlagerung auf emissionsärmere Verkehrsmittel müsse umgehend angegangen werden.

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