Hessen,
Bahn & Bus,
Pressemitteilung
Hessische Verkehrs- und Wirtschaftspolitik aus der Windschutzscheibenperspektive kann man aktuell in einem Papier des hessischen CDU Vorstands nachlesen. Die CDU möchte gute Ratschläge in der Wirtschaftskrise erteilen und hat eine Weltsicht zu Papier gebracht, die das Automobil als Lösung präsentiert. Perspektivloser kann Wirtschafts- und Verkehrspolitik kaum sein!
Da die hessische CDU und die von ihr geführte Landesregierung nicht maßgeblich für Änderungen der weltwirtschaftlichen Lage sind, könnte man das Papier einfach beiseite legen – würde es nicht auch Hinweise auf eine zukünftig schlechtere Verkehrspolitik für Hessen geben. Die CDU erkennt zwar, dass die Weltwirtschaft eine entscheidende Rolle für den Erfolg oder Niedergang der deutschen Automobilindustrie spielt. Nur verkennt sie die Weltlage mit der Aussage, „die weltweite Spitzenposition von Automobilen „Made in Germany“ erhalten“ zu wollen. Die hat die Automobilindustrie aber schon lange verspielt: mit dem Dieselskandal und ihrem einseitigen Fokus auf den Verbrennungsmotor. Im zunehmend selbstbewussten Brotmarkt in China, in wichtigen Bundesstaaten der USA und in immer mehr Ländern der Europäischen Union macht die E-Mobilität das Rennen um die Zukunft für sich aus. „Der deutsche Markt ist durch die stoische Fixierung der Deutschen auf den Verbrennungsmotor für die Automobilhersteller noch ein gehaltvolles Zubrot, aber welcher Industriezweig kann auf Dauer schon ohne seine Hauptmärkte überleben?“ hinterfragt Mathias Biemann, Landesvorstand des VCD Hessen, den konservativen Glauben an die Bedeutung verlierende Technik des Verbrenners.
Die CDU offenbart in ihrem Papier, dass sie nur Mobilität mit dem Auto weiter fördern will. Sie spricht von der „Erfolgsgeschichte der individuellen Mobilität“ und meint damit das Autofahren. Sie erkennt nicht an, dass die immer noch unterfinanzierte Schiene ein wichtiger Baustein wäre. Den „Vorrang bei Investitionen der Schiene“ soll es nach ihrem Dafürhalten nicht geben. Stattdessen verspricht sie eine bessere Pendlerpauschale für jeden gefahrenen Kilometer mit E-Antrieb oder E-Fuels, lässt die Fahrpreise für Elektromobilität auf der Schiene – gerade aktuell – aber kräftig steigen. Freie und individuelle Mobilität spielt sich bekanntlich auch jenseits des Automobils ab. Wer diese fördert, macht die Straßen für das Auto freier. Das war während der vergangenen Streiks bei der Bahn und im ÖPNV in gegenteiliger Richtung gut zu beobachten. „Eine moderne Wirtschafts- und Verkehrspolitik sähe ganzheitlich aus, würde alle Verkehrsarten zusammen betrachten und auch die Logistik- und Bahnbranche in Hessen in den Blick nehmen“, kritisiert Anja Zeller, verkehrspolitische Sprecherin des VCD in Hessen, die eindimensionale Sichtweise der hessischen CDU. „Sie würde die Mobilitätsbedürfnisse aller Menschen in Hessen ernst nehmen, an den Wirtschaftsstandorten ehrliche Bestandsaufnahmen machen, auf die wirkungsvolle Maßnahmen folgen.“
Auch der hessische Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum, Kaweh Mansoori (SPD) hat leider nicht mehr als sein Koalitionspartner zu bieten. Regelmäßig beschwört er Hessen als Auto-Land. Vom wichtigen Wirtschaftsstandort für die Bahn, der Hessen ist, war bisher keine Rede. Auch zu den alltäglichen unberechenbaren Ausfällen bei Bussen und Zügen, die den Arbeitnehmern und ihren Arbeitgebern schwer schaden, kein Wort.
Das Haushaltsstreichkonzert der Landesregierung wird weitere negative Auswirkungen für die Mobilität in Hessen haben. Die Verkehrsverbünde haben schon ein geringeres Angebot als Reaktion auf die Reihe von bereits durchgeführten Mittelkürzungen angekündigt. Immer mehr Kommunen schränken bereits den ÖPNV ein. „Unsere Mobilität auf Schiene und Straße wird schlechter statt besser werden“, analysiert Mathias Biemann die Situation und fordert: „Die Landesregierung muss das ÖPNV-Angebot in Hessen endlich zur Chefsache machen. Wir fordern Boris Rhein und Kaweh Mansoori auf, den ÖPNV in Hessen auf sichere finanzielle Füße zu stellen!“