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Riedbahn: Mangelhafte Finanzierung der Schienenwege erzwingt schmerzhafte Vollsperrung

Die ab Montag, 15. Juli 2024 anstehende Generalsanierung der Riedbahn zwischen Frankfurt, Biblis und Mannheim wird für Fahrgäste eine riesige Belastung werden. Während der mehrmonatigen Sperrung müssen sie entweder zeitraubende Umleitungen fahren oder mit erheblich langsameren Bussen Vorlieb nehmen. Klar ist heute schon, dass die Alternativen nicht problemlos funktionieren werden.

Probleme lange bekannt

„Generell sollten Vollsperrungen dieser Länge durch regelmäßigen Unterhalt vermieden werden“, findet Till Schäfer, bahnpolitischer Sprecher des Verkehrsclub Deutschland (VCD) in Hessen. „Doch ist das auf den vielen hoch ausgelasteten und überlasteten Bahnstrecken leider nicht mehr möglich.“ Zu viel Sanierungsrückstau hat sich durch chronische Unterfinanzierung des deutschen Eisenbahnnetzes in den letzten vierzig Jahren angesammelt. Die katastrophale Betriebsqualität mit täglichen Großstörungen und Verspätungen können derzeit alle Nutzerinnen und Nutzer live miterleben. Verzögerungen der Sanierungen würden die Missstände verschlimmern. Daher kann nicht auf die entlastende Neubaustrecke Frankfurt–Mannheim gewartet werden, die aus fiskalpolitischen Fehlentscheidungen um über zwanzig Jahren verzögert wurde und sich jetzt erst auf der Zielgeraden für eine Realisierung in den späten 2030er/2040er Jahren befindet.

Fehler solchen Ausmaßes dürfen sich nicht wiederholen. Deshalb fordert der VCD Hessen deutschlandweit und in Hessen einen klaren Vorrang der Schienennetzsanierung, des Schienenaus und -neubaus vor Aus- oder gar Neubau von Straßen. Wenn der Bundesrechnungshof aktuell die „seit Jahren bestehenden Defizite bei der Steuerung und Kontrolle durch den Bund“ kritisiert, dann besteht wenig Hoffnung auf ein Ende des fortgesetzten Politikversagens im Hinblick auf die deutsche Schiene. Es braucht daher auch von der hessischen Landesregierung ein klares Bekenntnis zum Vorrang des Bahnausbaus vor dem Straßennetzausbau und die nötigen Finanzmittel. Denn hessische Bahnreisende werden bis 2031 weitere, umfangreiche Streckensanierungen betreffen: Frankfurt – Darmstadt – Heidelberg; Wiesbaden – Koblenz – Troisdorf bei Köln; Fulda – Bebra; Bebra – Erfurt; Friedberg – Gießen – Kassel; Mainz – Koblenz – Bonn – Köln.

Als äußerst positiv bewertet der VCD die Organisation des Schienenersatzverkehrs der Deutschen Bahn: konsequente Öffentlichkeitsarbeit mit Bekanntgabe des Ersatzbusliniennetzes und Ersatzhaltestellen, die von weitem zu erkennen sind. Auch lassen sich die neuen Fahrzeuge durch die violette Lackierung samt lesbaren Linien- und Zielanzeigen gut erkennen. Intensive Ortskenntnis mit Testbetrieb wurden bereits im Vorfeld durchgeführt. Hier zeigt sich der große Vorteil, dass der gesamte Ersatzbusverkehr aus einer Hand geplant und durchgeführt wird. Auch gibt es keine unterschiedlichen Haltestellenbenennungen in den Auskunftssystemen bei verschiedenen Auftraggebern des Ersatzverkehrs. Vertaktungen und gegenseitige Anschlüsse konnten gleichermaßen frühzeitig in das Grundprogramm des Ersatzangebots eingeplant werden. Der VCD wünscht sich, dass diese vielen Neuerungen gegenüber bisher eher schlecht als recht durchgeführten Ersatzverkehren nun dauerhaft – auch außerhalb der Generalsanierung der Riedbahn – umgesetzt werden und fordert daher die hessischen Aufgabenträger auf, zusammen mit den Eisenbahninfrastrukturunternehmen dies auf allen Baustellen mit Schienenersatzverkehren in vergleichbarer, einheitlich durchgeplanter Variante umzusetzen. Aus Sicht des VCD wäre dies – gerade im „Jahrzehnt des Bauens“ – eine wirklich kundenfreundliche Innovation.

„So sehr die Generalsanierung viele Probleme der Riedbahn mindern wird, sie wird nicht alle Probleme lösen können“, befindet Till Schäfer weiter. Diese besonders dicht getakteten Baumaßnahmen werden  nicht ohne Störungen auskommen. Es ist daher fraglich, ob die Zeit bis zum Fahrplanwechsel Mitte Dezember 2024 überhaupt ausreichen kann, die Bauarbeiten planmäßig zu beenden, so dass danach der Regelbetrieb wieder aufgenommen werden kann. Viel eher wird es zu Nacharbeiten kommen. Störungen bei Wiederaufnahme des Schienenverkehrs sind auch nicht ausschließen. Dennoch ist sich der VCD Hessen sicher, dass diese Maßnahme unvermeidbar ist und auf lange Sicht viel mehr Vorteile bringt als eine fünf bis zehn Jahre anhaltende Dauerbaustelle mit wöchentlich wechselnden Baufahrplänen, baubedingten Verspätungen und Zugausfällen. „Wir bitten die Nutzenden um Geduld und Nachsicht, wenn es zu bisher noch nicht bekannten Problemen kommen sollte“, so Schäfer abschließend.

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