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Zum Start des Deutschland-Tickets – VCD Hessen fordert Bundesprogramm und einheitliche Standards für Barrierefreiheit

Wie barrierefrei ist der öffentliche Verkehr in Deutschland? Wo liegen die Probleme? Und was kann man tun, um Missstände zügig zu beseitigen? Diese Fragen stellt der ökologische Verkehrsclub VCD in seinen Bahntest 23/24 und kommt zu dem Schluss, dass viel zu tun bleibt. Der Verband fordert unter anderem ein Bundesprogramm und einheitliche Standards für mehr Barrierefreiheit.

 

Kassel, 28. April 2023. Mit dem Deutschland-Ticket werden Bus und Bahn in Deutschland
günstiger und einfacher – aber nicht für alle. Denn Rollstuhlfahrer, Ältere oder auch Eltern mit
Kinderwagen haben vielerorts Probleme, das Angebot zu nutzen: Die Einstiege sind zu hoch, an
vielen Bahnsteigen existiert kein Fahrstuhl oder es fehlt die taktile Wegeführung. Wo genau die Mängel liegen, zeigt der aktuelle Bahntest des VCD, der am 27. April vorgestellt
wurde. Eigentlich sollte der öffentliche Verkehr seit Januar 2022 barrierefrei sein, doch
Ausnahmeregeln, fehlende Standards und zu wenig Geld haben dies verhindert.
Selbst bei Sanierungen und Neubauten werden heute noch Bahnsteige ohne barrierefreie
Zugänge wie Aufzüge oder Rampen angelegt. Dies ist aktuell u.a. in Friedberg (Hessen) zu
erleben. In Bad Nauheim sind die vor einigen Jahren eingebauten Aufzüge nur durch eine
Eingangshalle barrierefrei zu erreichen, die abends geschlossen wird. Auch bei anderen
wichtigen Umsteigebahnhöfen, wie in Frankfurt-Süd, ist die Barrierefreiheit noch unzureichend.
Ärgernis Bahnsteinhöhen ungleich Einstiegshöhen
Ein langfristiges Thema ist, die Bahnsteighöhen an die Einstiegshöhen der jeweiligen Fahrzeuge
anzupassen – um ein stufenfreies und damit selbstständiges Einsteigen zu ermöglichen.
Absurd, wenn die Beschaffung von neuen Fahrzeugen mit dem zeitgleichen Ausbau von
Bahnsteigen zu widersprechenden Einstiegshöhen führt und damit Barrieren auf Jahrzehnte
zementiert werden. Die Wasserstofftriebwagen des Taunus-Netzes weisen an vielen Stationen
beispielsweise einen zu tiefen Einstieg auf.
Für Nils Kahl und Till Schäfer vom VCD Hessen Landesvorstand entsteht so eine unhaltbare
Situation: „Mobilität ist ein Menschenrecht, Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben. Das
müssen wir endlich ernst nehmen. In der Debatte erscheint es bisweilen, als sei Barrierefreiheit
eine freiwillige Leistung – und das ist falsch. Es geht darum, dass alle Menschen am sozialen
Leben teilhaben können. Barrierefreiheit hilft allen – nicht nur älteren und gebrechlichen
Mitbürgern, sondern auch Familien mit Kinderwagen oder Reisende mit Gepäck.“Es muss möglich bleiben, Tickets ohne Abo und ohne Handy zu erwerben
Der Zwang zu Abonnementtickets ist ebenfalls eine konkret bestehende Gefahr neuer Barrieren
bei der Nutzung des Öffentlichen Verkehrs. Hier droht die Gefahr, dass Kunden mit negativer
Bonität keine Möglichkeit haben, das Deutschlandticket kaufen zu können. Bislang konnten
Betroffene die Fahrkarte zumindest bar erwerben. Gerade beim angekündigten Hessenpass
mobil – der sich konkret an finanziell schwache Mitbürger richtet, ist der Umgang mit negativer
Bonität besonders kritisch zu bewerten. Der VCD Hessen hofft hier auf eine kundenfreundliche
Lösung. Zudem fordert der VCD Hessen die Anbieter auf, stets zu Handytickets eine alternative
Kaufmöglichkeit bereitzuhalten, da nicht jeder Nutzende des Öffentlichen Personenverkehrs
über ein Smartphone verfügt. Bei internationalen Gästen kann nicht davon ausgegangen
werden, dass diese über die notwendigen Apps verfügen.
„Das heißt für uns, dass der Zugang auch ohne Handyticket möglich bleiben muss, denn nicht
jeder hat einen Internet- oder Handyvertrag oder ist imstande, damit umzugehen“, so Nils Kahl.
Zum Hintergrund: Eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse und Forderungen des
Bahntests finden Sie hier: www.vcd.org/artikel/bus-und-bahn-barrierefrei

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