Fuß & Fahrrad
Darmstadt & Darmstadt-Dieburg
Im Rhein-Main-Gebiet gibt es unzählige Ausflugsmöglichkeiten für Radfahrer*innen. Eine Tour zum Fahrradmuseum verbindet beides – die Freude am Radfahren und das Interesse am Thema Fahrrad.
Von Sabine Crook
Ende Januar klingelte mein Handy neben dem Bett und mein Radkumpel Jonas fragte an, ob ich nicht spontan Lust hätte, mit ihm nach Hanau in ein Radmuseum zu radeln. Nachdem ich mir erst einmal das Sandmännchen aus den Augen gerieben hatte, machten wir die Abfahrt auf 11:00 Uhr fest. Mal einfach so 50 km radeln war jetzt nicht mein erster Gedanke an einem Januarmorgen. Nun gut, bisherige Touren mit Jonas versprachen immer sehr viel Spaß und Neues. Angesichts der Kälte und des Windes wollten wir nicht über Straßen, sondern mehr im Wald windgeschützt fahren. Daher entschied ich mich für meinen Crosser und nicht fürs Bullitt oder Rennrad. Dies stellte sich als sehr weise Entscheidung heraus. Sämtliche Waldwege waren wegen der starken Nässe und der Waldrodungsmaschinen in einem katastrophalen Zustand, teils kaum zu passieren. Wir radelten vom Darmstädter Osten über den Wald nach Messel, hier verfuhren wir uns ordentlich und strandeten an der Bahnlinie, die wir dann nicht ganz legal überquerten. Im Wald hatten wir keinen Internetempfang, daher verließen wir uns auf unser Gefühl. Vorbei ging es auch an dem Waldstück nahe dem ehemaligen Munitionsdepot Muna, welches vor ein paar Jahren brannte und nun immer noch einen verheerenden, aber auch sehr beeindruckenden Anblick bietet. Ein Teil davon soll zu Forschungszwecken sich selbst überlassen werden. Geschenkt, wir nahmen nicht wirklich den direktesten Weg, aber schließlich kamen auch wir im Museum RadWerk (Gutenbergsraße 7) in Hanau an. Wer weniger spontan ans Ziel gelangen möchte, kann die Tour über eine Website wie den Radroutenplaner Hessen vorbereiten.
Keine Radfahrt ohne Kuchen! Im gleichen Gebäude wie das Museum befindet sich ein hervorragendes Café. Nach der Radfahrt durch die Kälte futterten wir uns erst einmal durch die Karte. Sowohl das Kuchenangebot als auch die warmen Speisen allein sind einen Besuch wert. Absolut empfehlenswert! So gestärkt besuchten wir dann voller Staunen das Museum. Die Ausstellung „Menschen, Räder, Erinnerungen“ des Heimat- und Geschichtsvereins Klein-Auheim e. V. vermittelt die abwechslungsreiche Ortsgeschichte des Stadtteils. Darüber hinaus ist die weltweilt umfangreichste Kollektion an einst in Klein-Auheim produzierten Fahrrädern und Mopeds der Marke BAUER zu bestaunen. Sehr schön wird in der Ausstellung auch beschrieben, wie Frauen und Arbeiter in der damaligen Zeit radelten. Ich erinnere mich vor allem an ein im Zweiten Weltkrieg verkauftes Rad, noch original verpackt und nicht aufgebaut, da der Besitzer im Krieg getötet wurde.
Angefangen waren die Bauer-Werke als Zulieferer für Lampen, Schutzbleche etc. tätig. Ab 1922 wurden komplette Fahrräder gebaut. Auch versuchten sich die Bauer-Werke an einer Art Mofas. Diese schafften es aber nicht in Serie.
Die Entwicklung des Radsports wurde schon damals von zwei Motivationen geleitet, die auch heute noch aktuell sind: Die Überlegenheit des Fahrrads als Verkehrsmittel der Zukunft einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen und die Durchsetzung guter Straßenverhältnisse für die Bedürfnisse der Radfahrer*innen. Bis zum ersten Weltkrieg boomte der Radsport in Deutschland. 1934 bauten die Bauer-Werke das erste Rennrad und unterstützten einige Fahrer, natürlich auch als Werbeträger. In den Anfangsjahren fuhren Frauen selten Rennen. Eine schwitzende Frau entsprach so gar nicht dem Wilhelminischen Frauenideal. Dennoch ist das Rad für die Frauenbewegung nicht weg zu denken. 1968 meldeten die Bauer-Werke Insolvenz an, ein Großteil wurde von Rowenta aufgekauft.
Da wir uns doch sehr viel Zeit für das Museum genommen hatten, beschlossen wir, auch wegen der Kälte mit der Bahn heimzufahren.
Das Museum hat samstags und sonntags 11 bis 17 Uhr geöffnet. Relativ nah ist die Bahnstation (Vias) gelegen. Ein wirklich sehr empfehlenswerter Besuch auch nach Corona.