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Darmstadt & Darmstadt-Dieburg
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Merkwürdiges Rechtsverständnis der Stadt Darmstadt

DARMSTADT Die Stadt Darmstadt kündigt den Wegfall von Parkflächen in der Eichbergstraße an, dabei gibt es dort gar keine ausgewiesenen Parkflächen. Die Ankündigung der Stadt Darmstadt zur Parkraumbewirtschaftung in Darmstadt Nord offenbart ein tiefergehendes merkwürdiges Rechtsverständnis.


Geduldetes Gehwegparken und damit unzulässig ignorierte Ordnungswidrigkeiten sind in Darmstadt nichts neues. „Darunter leiden vor allem die die sich in den Wohnvierteln der Innenstadt mit Rollstuhl oder Kinderwagen zu bewegen versuchen. Die mit Parkdruck begründete Duldung soll mit der Zeit vor allem durch Einführung von Parkraumbewirtschaftung reduziert werden. Doch diesen Ankündigungen folgen nur selten Taten“, ordnet Sabine Crook, Vorsitzende des VCD Darmstadt-Dieburg ein. Die begrüßenswerte jetzt erfolgte Bewirtschaftung in Bessungen-Nord hätte eigentlich bereits 2019 erfolgen müssen. „So ist es zumindest im Luftreinhalteplan festgehalten, welcher Teil des Vergleiches von VCD, Umwelthilfe und des Land Hessens ist“, führt Crook weiter aus. Ebenfalls in 2019 hätte die Bewirtschaftung auf der Mathildenhöhe umgesetzt werden müssen. Hier hat noch nicht einmal die Planung begonnen. Ähnlich sieht es in anderen Vierteln aus in denen die Maßnahmen teils seit Jahrzehnten diskutiert werden.

„Der Verweis auf die Verzögerung der neuen Bewirtschaftung durch "coronabedingte Lieferengpässe" ist eine schlechte Ausrede“, stellt Crook klar, „Hätte sich die Stadt an die gerichtlich vereinbarten Zeiten gehalten und entsprechend priorisiert, wäre die Bewirtschaftung in diesen Gebieten bereits vor Beginn der Pandemie abgeschlossen gewesen.“ Hier zeigt sich ein grundlegendes Problem bei Maßnahmen, zu denen die Stadt eigentlich gesetzlich verpflichtet es – sei es  aus gerichtlichen Vergleichen oder solchen die nach Gesetz ohnehin notwendig sind, wie bspw. der Gefahrenabwehr – was unliebsam ist wird ignoriert und nachträglich durch Verweis auf irgendwelche "unveränderlichen" und "plötzlichen" Unwägbarkeiten weggeredet oder entschuldigt. Die meist viel mehr ursächliche eigenverschuldete Verzögerung durch Missmanagement in der Verwaltung und falsche Prioritätensetzung seitens der Politik wird eher selten thematisiert.

Seit Jahren hoch im Kurs der missbräuchlichen Rechtsauslegung ist beispielsweise auch die Duldung von illegalem Gehwegparken. Immer wieder wird dieses von der Stadt wegen hohem Parkdruck gerechtfertigt. Rechtlich ist dies absolut unzulässig, das hat zuletzt auch das Verkehrsministerium im benachbarten Baden-Württemberg unmissverständlich klargestellt: Eine kommunale Verwaltung darf nicht einfach illegales Handeln zum Normalfall erklären. Doch wie weit dieses Rechtsverständnis sich mittlerweile in Darmstadt etabliert hat zeigt die aktuelle Mitteilung zur Einführung der Parkraumbewirtschaftungen in Bessungen-Nord. Die Stadt propagiert einen Entfall von Parkplätzen, dabei handelt es sich bei den thematisierten Flächen um Gehwege die bisher illegal von PKW blockiert wurden und die dort schon heute so nicht parken dürfen. Freie Gehwege sind im Rahmen der städtischen Leitlinie Nahmobilität beschlossene Sache. Dort heißt es unter Punkt 8: „lllegales Gehwegparken ist zu unterbinden.“

Weiterführende Informationen

Rechtlicher Hintergrund

Parken ist gem. § 12 Abs. 4 StVO grundsätzlich nur am Fahrbahnrand erlaubt. Aktuell stehen in vielen Straßen in Besssungen-Nord PKW je zur Hälfte auf dem Gehweg und damit ordnungswidrig. Werden Parkflächen StVO-konform am Fahrbahnrand markiert, wird damit lediglich die Rechtslage wiedergegeben. Die Duldung von Parken auf dem Gehweg ist nicht erlaubt. So stellt es bspw. das Verkehrsministerium Baden-Würtemberg mit Erlass vom 11.05.2020 klar. Dort heißt es „Pauschale Vorgaben, bestimmte Ordnungswidrigkeiten (zum Beispiel das Gehwegparken, das auch für Motorräder untersagt ist) nicht zu verfolgen, oder Verkehrsdelikte in bestimmten Gebieten oder auf bestimmten Straßenabschnitte nicht zu ahnden, haben einen Ermessensausfall und damit die Rechtswidrigkeit der Entscheidung zur Folge und stehen mit den Pflichten der Verfolgungsbehörden nicht im Einklang.“

Von einem Wegfall von Parkflächen, wie es die Stadt Darmstadt darstellt, kann also keine Rede sein.

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