Gießen
Die Ortsumgehung Reiskirchen war wichtigstes Thema auf der Jahreshauptversammlung des ökologischen Verkehrsclub Deutschlands (VCD), Kreisverband Giessen in einem Nebenraum der Kongresshalle Gießen.
Als Gast konnten die Anwesenden den geschäftsführenden Gesellschafter der Marburger RegioConsult, Dipl.-Geograph Wulf Hahn, begrüßen. RegioConsult hat im Auftrag der “Naturfreunde Jossolleraue“ bereits mehrere Gutachten erstellt hat. Aktuell präsentierte er seine Stellungnahme zu der Verkehrsuntersuchung zur Ortsumgehung Reiskirchen.
Hahn wies akribisch auf die Vor- und Nachteile einer Südvariante und Nordvariante hin. Auch wenn die Gemeinde Reiskirchen im Vorfeld bereits durch Festlegungen von Gewerbegebieten im Flächennutzungsplan versucht habe, die Nordvariante auszuschließen, sei diese nach wie vor möglich. Er überraschte mit dem Vorschlag einer "abgespeckten Nordvariante", die eine Umgehung von Lindenstruth und Halbumgehung von Reiskirchen beinhalte. Sodann könne diese Ortsumgehung an die A 5 angebunden werden. Damit könnte man sowohl für die Kerngemeinde als auch für den Ortsteil Lindenstruth eine höhere Entlastungswirkung erzielen, wie mit der Südumgehung.
Ungläubig wurde zur Kenntnis genommen, dass das ASV Schotten in seiner Prognose bis zum Jahre 2020 mit einer weiteren Verkehrszunahme für Reiskirchen von über 30 Prozent ausgehe. Weisen doch die Zahlen laut aktueller Verkehrsmengenkarte von 2005 rückläufige Verkehrsmengen aus.
Der VCD geht davon aus, dass der neue Anschluss bei Grünberg-Lumda einen wesentlichen Teil zur Entlastung beigetragen hat. Dadurch ist bereits eine Ortsumgehung für Reiskirchen gegeben. Mehrheitlich vertrat man die Auffassung, dass nach der Fertigstellung des Ausbaus der A 5 eine weitere Reduzierung erfolgen werde. Statt einer Ortsumgehung sollte man die Ortsdurchfahrt in Reiskirchen durch Verkehrsberuhigungsmaßnahmen für den Autoverkehr unattraktiver machen, um den Durchgangsverkehr verstärkt auf die Autobahn zu lenken.
Nicht zu unrecht, so die Anwesenden, habe sich das Verkehrsbundesministerium im Jahre 2004 gegen weitere Neubauten von Ortsumgehungen bei bestehenden parallel verlaufenden Autobahnen ausgesprochen.
Somit sprachen sich die VCD-Mitglieder, im Gegensatz zu den Naturfreunden Jossolleraue, erneut gegen den Bau einer Ortsumgehung von Reiskirchen aus, weil jeder Straßenneubau grundsätzlich keinen Verkehr verhindert, sondern nur zusätzlichen Verkehr anzieht und produziert. Dies sei mit einer ökologischen Verkehrplanung nicht vereinbar.
Die Jahreshautversammlung bestätigte die langjährigen Vorstandsmitglieder Patrik Jacob (Gießen), Achim Boldt (Heuchelheim), Gerhard Born (Lollar) und den Schatzmeister Manfred Schlosser (Gießen) einstimmig in ihrem Amt. Es sollen verstärkt neue Mitglieder gewonnen werden, um die Lobby für Fußgänger, Radfahrer, Bus- und Bahnkunden sowie umweltbewusste Autofahrer zu stärken. Der VCD biete darüber hinaus die bekannten Serviceleistungen von Automobilclubs wie Pannenschutzbrief, Versicherungen, Mitgliederzeitschrift oder Verkehrsberatung.