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Durchschnittlich 23 Stunden täglich steht ein Auto ungenutzt herum und blockiert besonders in der Stadt den knappen Raum: „Viele Pkw sind mehr „Stehzeug“ als Fahrzeug“, so Simon Becker vom Gießener Kreisverband des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). Das muss nicht sein: In Gießen bietet die Firma Scouter an jetzt 26 Standorten 40 Carsharing-Fahrzeuge unterschiedlichster Größe zum Ausleihen an.
Werktags werden überwiegend Kleinwagen, vor allem an den Wochenenden und in den Ferien auch größere Fahrzeuge ausgeliehen. Dabei teilen sich in der Innenstadt bis zu 100 (!) Nutzerinnen und Nutzer ein Auto. „Das spart eine „Unmenge“ an Ressourcen: Stellflächen für die vielen privaten Pkw, derer es in diesem Umfang nicht bedarf, wie auch alles, was zu ihrer Produktion benötigt wird“, so Becker.
„Unter der Woche“ ist die Auslastung laut Carsharing-Anbieter Scouter relativ gleichmäßig, an den Wochenenden stärker, so dass hier etwas Vorplanung notwendig sei. Dafür entfallen Anschaffungs- und Unterhaltskosten ebenso wie der eigene Zeitaufwand für Beschaffung, Pflege und Bürokratie rund ums eigene Auto. Laut ADAC liegen die monatlichen Kosten für den günstigsten Kleinstwagen (Dacia Spring Electric 45 Essential) bei 418 €, bei einem günstigen Mittelklassewagen (Skoda Octavia Combi) sind es schon 618 €. Ein direkter Preisvergleich mit dem Carsharing gestaltet sich schwierig: Carsharing lebt ja davon, möglichst viele Wege ohne PKW zurückzulegen, etwa mit dem Fahrrad, Bus und Bahn oder auch zu Fuß, und das Auto nur für den unverzichtbaren Rest einzusetzen. Das schont die Umwelt und spart Kosten. Und so hat sich die Zahl der Standorte und Autos, die in Gießen ausgeliehen werden können, in den letzten 2 ½ Jahren um über 50 % erhöht, auch durch eigens von der Stadt Gießen ausgewiesene Parkplätze. Das erhöht die Akzeptanz durch immer kürzere Wege zu den Stellplätzen und es steigert die Sichtbarkeit des Angebots.
Deshalb befürwortet der VCD die Ausweisung von weiterem öffentlichen Parkraum für Carsharing-Fahrzeuge an exponierten Stellen und eine moderate Anhebung der Gebühren des Bewohnerparkens dort, wo Carsharing möglich ist.
In den Gießener Ortsteilen wie Kleinlinden, Allendorf oder Rödgen oder im Gießener Umland fehlt ein solches Angebot noch, da es sich hier für einen kommerziellen Anbieter bei geringerer Nutzung bisher nicht rechnet, denn eine nur geringe Anzahl an Fahrzeugen senkt die Flexibilität für die Nutzenden und führt zu hohen Kosten für den Carsharing-Anbieter. So fehlen hier auch andere bundesweit aktive Carsharing-Anbieter wie Getaround und SnappCar. Auch nennenswerte Angebote der Gemeinden selbst fehlen. In Fernwald, Langgöns und Lollar kann immerhin ein Transporter der Firma Mikar ausgeliehen werden. So stellt sich bei oft unzureichendem ÖPNV-Angebot für Menschen im Umland, die nur selten ein Auto benötigen, die Frage: „Was tun?“ Eine Möglichkeit ist natürlich, sich ein Auto mit Familienangehörigen zu teilen, wie es auch VCD-Mitglied Simon Becker aus Biebertal macht. Seine Eltern sind nicht täglich mit dem Auto unterwegs. Becker selbst ist passionierter Radfahrer und fährt nur 400 bis 600 km im Jahr mit dem Auto, so dass ihm, wie er schmunzelnd mitteilt, früher beim eigenen Fahrzeug schon mal die Bremsen festgerostet seien.
Eine gute Alternative zum gewerblichen Carsharing auch außerhalb der Familie ist es, sich im Bekanntenkreis und in der Nachbarschaft ein Auto zu teilen oder eines mitzubenutzen, wenn es nur selten benötigt wird. Der VCD unterstützt das nachbarschaftliche Autoteilen durch den „Nachbarschaftsautovertrag“, einen Mustervertrag, mit dem alles Wesentliche vertraglich vereinbart werden kann. Auch eventuell bestehende rechtliche Bedenken können so ausgeräumt werden. Der Vertrag ist auf den Internetseiten des VCD unter folgendem Link kostenlos verfügbar: shop.vcd.org/VCD-Nachbarschaftsauto-Vertrag/2002