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Frankfurt & Rhein-Main

IBA ist große Chance für verkehrsgeplagtes Rhein-Main-Gebiet

Wiesbaden, 26. März 2015 — Der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD), Landesverband Hessen, begrüßt die Initiative der schwarz-grünen Landesregierung, eine Internationale Bauausstellung (IBA) im Rhein-Main-Gebiet zu prüfen. „Das ist die erste echte Vision der neuen Landesregierung“, lobt VCD-Landesvorstand Werner Geiß. Die Menschen im Rhein-Main-Gebiet hätten wie nirgendwo sonst unter lokalpolitischen Egoismen zu leiden. Das Konzept der IBA habe sich bewährt, um diese Egoismen zu überwinden.

Noch immer erreichen zwei Drittel der Pendler Frankfurt mit dem Auto, wo sie alltäglich ein Verkehrschaos anrichten. Die Heimatorte der Pendler im Umland ebenso wie Frankfurt selbst sind immer noch vom fatalen Ideal der autogerechten Stadt vor 50 Jahren geprägt. Weite Wege, täglicher Verkehrskollaps, Zersiedelung und Flächenfraß, Verkehrslärm, Wohnungsmangel und Segregation seien die Folgen. Diese Probleme könnten nur durch mehr interkommunale Zusammenarbeit, integrierte Stadt- und Verkehrsplanung und mehr Mut zu Innovationen gelöst werden, so der VCD Hessen. „In vielen Köpfen und im politischen Handeln existieren leider auch heute noch die mittelalterlichen Stadtmauern“, bedauert Geiß. „Mit der bisherigen Planungspraxis ist der Durchbruch nicht gelungen. Eine IBA könnte den dringend nötigen Anstoß geben.“

Dabei müsse nicht zwingend mehr Geld ins System gepumpt werden, sondern die vorhandenen Fördertöpfe sowie Ausgaben von Städten, Kreisen und Unternehmen intelligenter eingesetzt werden. „Wir wollen nicht, dass mehr gebaut wird, sondern dass klüger gebaut wird.“

Folgende Ansätze seien in einer IBA Rhein-Main denkbar:

Tram in die Region: Europa ist grenzenlos, aber die Frankfurter Straßenbahn endet abrupt an der Stadtgrenze, z.B. vor Neu-Isenburg. Nach dem Vorbild von Freiburg oder Zürich, vor allem aber vieler französischer Städte sollte auch ein entsprechendes Netz in Rhein-Main entwickelt werden. Die Idee zielt nicht nur auf die dringend nötige Verkehrswende, sondern auf die Tram als Urbanisierungsvehikel. Gerade in Frankreich hat sich erwiesen, dass sich entlang der neuen Gleise urbane Qualitäten entwickeln und die Quartiere aufgewertet werden.

Von der Regionaltangente zum Stadtbahnring: Die lange diskutierte Regionaltangente West könnte dank gesicherter Finanzierung zügig realisiert und im zweiten Schritt („Osttangente“) zu einem Stadtbahnring komplettiert werden, wie er sich in vielen Metropolen bewährt hat. Expressradwege: Dank Elektroantrieb wird das Fahrrad künftig bis 30 Kilometer Entfernung das ideale Verkehrsmittel für Pendler sein, sofern die Wege kreuzungsfrei, eben und gut befestigt sind. Sternförmig könnten Expressradwege Umlandgemeinden mit der Frankfurter City verbinden.

Wohnen und Arbeiten: Frankfurt ist neben München Deutschlands pendlerreichste Stadt. Nirgends müssen mehr Werktätige mehr Strecke überwinden, um den Arbeitsplatz zu erreichen. Ein Grund: Die Konzentration der Arbeitsplätze auf wenige Gewerbestandorte. Dagegen können Ansätze des Wohnens und Arbeitens unter einem Dach wie die „Hybrid Houses“ der IBA Hamburg helfen, Verkehr von Vornherein zu vermeiden.

Modell „Werkswohnungen“: In der Tradition früherer Industriekonzerne könnten im Umfeld von Gewerbegebieten bevorzugt Beschäftigte angesiedelt werden. Die IBA Hamburg-Wilhelmsburg liefert ein solches Baukonzept.

Preiswert Bauen und Wohnen: Am Wohlstand der Region kann nur teilhaben, wer sein Gehalt nicht für teuren knappen Wohnraum und Heizkosten opfern muss. Die auf der Hamburger IBA präsentierten Beispiele für ökologische und zugleich kostengünstige Bauweise sollten für Rhein-Main weiterentwickelt werden, insbesondere Versionen des Selbstausbau-Wohnblocks.

Der VCD Hessen macht abschließend auf einen wichtigen Unterschied zwischen einer IBA und anderen Großereignissen wie Olympia, Fußball-Weltmeisterschaften oder Bundesgartenschauen aufmerksam: Im Gegensatz dazu gebe es bei einer IBA keinen Verband im Hintergrund, der sich bereichern möchte und die Bedingungen diktiert. Eine IBA stellt nur den Rahmen zur Verfügung, innerhalb dessen das Land, die Kommunen und die Wirtschaft Innovationen einbringen können. „Eine IBA ist kein schnelles Show-Event, sondern wirkt langfristig. Mit mutigen, ökologisch und sozial wirksamen Projekten wird der volkswirtschaftliche Nutzen die Kosten übersteigen“, ist sich Geiß sicher.

Hintergrund: Was ist die IBA?

Ihre Wurzeln hat das Stadtentwicklungskonzept IBA in Hessen: Schon 1901 entstand im Zuge der IBA die berühmte „Mathildenhöhe“ in Darmstadt, zuletzt hat Hamburg seine nördlichen Stadtteile aufgewertet. Größter Erfolg aber bleibt die IBA „Emscherpark“, die den Strukturwandel im Ruhrgebiet 1989–99 zum Erfolg führte. Nicht weniger ehrgeizig ist die IBA Basel 2020, bei der in einem heterogenen Ballungsraum die Gebietskörperschaften aus Frankreich, Deutschland und der Schweiz einvernehmlich kooperieren. Höhepunkt: Seit Dezember rollt die weltweit erste internationale Straßenbahn zwischen Basel und Weil am Rhein.

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