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Flugverkehr, Klimaschutz, Tourismus, Kolumne
Landesverband Hessen

Air Berlin: Bruchlandung Flugtourismus gerät in Turbulenzen

Nachdem der Mythos Autoindustrie am selbst erzeugten Schadstoff Atemnot erleidet, gerät nun auch der Höhenflug des einstigen Flugreiseweltmeisters Deutschland ins Trudeln. Die Zahlungsunfähigkeit der zweitgrößten Airline unserer Republik markiert den Wendepunkt im ach so profitablen Geschäftsmodell Flugtourismus.

-       Die einst hochherrschaftlichen Airlines verkommen zur Lohndrückerbande. Billigflieger wie Ryanair diktieren die Standards. Da konnte Air Berlin nicht mithalten. Selbst die noble Lufthansa passt sich mit einer großen Billigflugtochter an die neuen Gepflogenheiten an. Dient eine Branche, deren Profite zunehmend auf dubiosen Arbeitsverträgen beruhen, noch der öffentlichen Daseinsvorsorge? Wozu noch Steuerprivilegien und subventionierte Flughäfen?

-       Immer mehr einst beliebte Urlaubsziele fallen derzeit diktatorischen Regimes zum Opfer. Wer will noch in die Türkei? Auch USA-Reisen werden zur Gewissensfrage.

-       Dagegen konzentriert sich der Flugtourismus mit seinen mitunter fragwürdigen Begleiterscheinungen auf die seriösen Ferienregionen. Nicht nur in Spanien fällt der lockere Lifestyle deutscher Flugtouristen der örtlichen Bevölkerung gehörig auf die Nerven. Lokale Behörden reagieren mitunter restriktiv, ungeachtet entgangener Profite. Ballermann & Co. sind kein kulturelles Leitbild, darunter leidet auch das Statussymbol Flugtourismus. Nicht nur wegen der Ökobilanz bevorzugen mehr Bildungsreisende Ziele, die sie mit der Bahn erreichen.

-       Weltweit wehrt sich die Wohnbevölkerung der Metropolen – auch in Deutschland – gegen den Ausverkauf von Stadtimmobilen an den globalen Tourismus. Airbnb verdient sich eine goldene Nase, während Familien aufgrund knappen Wohnraumes und steigender Mieten ins Umland abwandern müssen.

-       Rund um die „Luftfahrtdrehkreuze“ wie Frankfurt reagieren die Anrainer zunehmend gereizt auf die steten Ströme von Flugtouristen aus dem gesamten Bundesgebiet, deren Gastgeschenk an die Region sich auf infernalischen Fluglärm, Feinstaub und Abgase beschränkt.

-       Durch den maßgeblich selbst verursachten Klimawandel legt sich der Flugverkehr immer öfter selbst lahm, wie beispielsweise am 15.8. am Frankfurter Flughafen aufgrund heftiger Unwetter.

-       Immer eindringlicher fordern Wissenschaftler diverser Disziplinen Eingriffe des Staates zu Lasten volkswirtschaftlich nachteiliger Konsum- und Mobilitätsgewohnheiten. Bemerkenswert das Statement des prominenten Historikers Trentmann im aktuellen SPIEGEL-Gespräch.

 

Statt mit Krediten eine marode Fluggesellschaft zu stützen, sollte die Bundesregierung endlich Kostenwahrheit im Flugverkehr walten lassen. Gut 11 Mrd. Euro Steuerverlust jährlich resultieren allein aus dem Steuerprivileg des Flugverkehrs, pro Steuerzahler rd. 330 Euro. Die Luftverkehrssteuer sollte entsprechend angehoben, defizitäre Regionalflughäfen geschlossen werden. Da der Tourismus klar dominiert, während Geschäftsreisen stagnieren, ist die Subventionierung der Branche beim besten Willen nicht mehr mit öffentlichem Interesse zu rechtfertigen. Kanzlerin Merkel hat wahrlich genug Rückhalt und Ansehen in der Bevölkerung, um die überfällige Kostenwahrheit im Flugverkehr durchzusetzen.

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