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VCD-Wahlprüfsteine: Erwartbares und Überraschendes

Der Landesverband Hessen des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) hat auf Initiative des Kreisverbandes Gießen die derzeit im hessischen Landtag vertretenen Parteien befragt, was sie in der kommenden Landesregierung verkehrspolitisch umsetzen wollen. Dabei ergab sich neben Erwartbarem auch die eine oder andere Überraschung:

Erfreulich: Fast alle vom VCD um Antwort gebetenen Parteien wollen den öffentlichen Nahverkehr stärken und den Rad- und Fußverkehr fördern. Eine Verkehrswende, wie sie der VCD als ökologischer Verkehrsclub für erforderlich hält, befürworten ihrem programmatischen Anspruch nach Grüne, SPD und Linke. Unterschiede offenbaren sich im direkten Vergleich, sollten aber aus Sicht des VCD nicht überbewertet werden.

Die AfD leugnet – allen wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Trotz - den Einfluss des Menschen auf das Klima. Hierauf stützt die Partei ihre Ablehnung jeglicher Maßnahme zum Klimaschutz, auch im Verkehrssektor. Die FDP betont die Freiheit der Verkehrsmittelwahl und lehnt Einschränkungen des Autoverkehrs grundsätzlich ab. Diese Haltung wird nach Auffassung des VCD der Endlichkeit aller Ressourcen und der Notwendigkeit, diese effizient zu nutzen, letztlich nicht gerecht.

Die CDU will einen 30-Minuten-Takt auf allen Strecken und überrascht so mit einem konsequenten Bekenntnis zum öffentlichen Nahverkehr auch auf dem Lande. Offenbar sei, so der VCD, das Verständnis gewachsen, dass nur ein attraktiver ÖPNV eine echte Alternative zum Auto ist. Dies müsse der künftige Maßstab in der hessischen Verkehrspolitik sein.

Weitgehend unbeantwortet bleiben aber die Fragen nach konkreter Einflussnahme auf die Verkehrspolitik des Bundes. Der VCD wünscht sich hier von der Landepolitik, aber auch den lokalen Akteuren deutlich mehr Einsatz insbesondere für die Bahn in Hessen und in den Regionen, ohne die es keine klimaneutrale und ressourcenschonende Mobilität gebe. Hierfür müsse die Landespolitik Handlungsspielräume für Land und Kommunen erschließen. 

Die hessenweit gestellten Fragen und Antworten finden sich auf der Homepage des VCD-Landesverbandes Hessen: hessen.vcd.org/startseite/detail/wahlpruefsteine-zur-hessischen-landtagswahl-am-8-oktober-2023

Zum viergleisigen Ausbau der Main-Weser-Bahn zwischen Gießen und Friedberg, auf den sich eine Zusatzfrage des VCD-Kreisverbandes Gießen bezog, bekannten sich explizit Melanie Haub, die SPD-Kandidatin für den Wahlkreis 19 (Gießen-Land) sowie Dominik Erb und Nathalie Burg, die in den beiden Gießener Wahlkreisen für die FDP kandidieren. Grüne und Linke antworteten eher allgemein, die Grünen unter Verweis auf die Deutsche Bahn und auf die „Bundesebene“, die übrigen Parteien bzw. Kandidatinnen und Kandidaten gar nicht.

Die Frage zur Main-Weser-Bahn und die hierauf eingegangen Antworten finden sich im Folgenden:

 

Frage zur Main-Weser-Bahn:

Der VCD hält den 4-gleisigen Ausbau der Main-Weser-Bahn zwischen Gießen-Bergwald und Friedberg für erforderlich, da hier neben dem Personenverkehr auch die beiden Cargo- Hauptlinien Ruhr - Sieg - Hanau und Kassel - Frankfurt - Ried verlaufen.
Werden Sie sich für den 4-gleisigen Ausbau einsetzen oder wie wollen Sie andernfalls sicherstellen, dass es in der Zukunft nicht zu Einschränkungen für den regionalen Personenverkehr auf dieser höchstbelasteten Strecke kommt?

 

Antwort: Die Linke – Landesverband Hessen:

In der Landes- und Regionalplanung werden Freihalteflächen für zukünftige Verkehrsprojekte derzeit sträflich vernachlässigt. Während in der Vergangenheit freigehaltene Trassen z.B. für Autobahnen zu Recht aufgegeben wurden, wurden keine neue Trassen etwa für einen S-Bahn-Ring freigehalten. Hier sollten dringend Planungen vorgenommen und entsprechende Trassen freigehalten werden. Schutzabstände zu bestehenden Trassen für zukünftige Ausbauten sollten eingehalten werden müssen.

Antwort: FDP - Domink Erb und Natalie Burg

Die Schieneninfrastruktur in Hessen muss mit ihren Aufgaben wachsen, wenn wir mehr Menschen für den ÖPNV begeistern und mehr Güter auf der Schiene transportieren lassen wollen. Daher stehen wir auch grundsätzlich dem 4-gleisigen Ausbau der Main-Weser Bahn zwischen Gießen-Bergwald und Friedberg positiv gegenüber, wenn die Belange der betroffenen Bürger und Kommunen sowie die Faktoren Mobilität, Ökologie und Ökonomie nebeneinander berücksichtigt werden.

Antwort: Grüne – Landesverband Hessen:

Wir sehen in der Streckenverbindung der Main-Weser-Bahn das Herzstück für regionale Zugverbindungen zwischen Kassel und Frankfurt, die gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Bauarbeiten auf der Schienenstrecke Kassel – Fulda (bis vrsl. Dezember 2023) nun noch mehr an Bedeutung gewinnt. Wir sind grundsätzlich der Meinung und setzen uns dafür ein, dass die Deutsche Bahn, die sich für den Ausbau des Bahnnetzes auch im Falle der Main-Weser-Bahn verantwortlich zeigt, wesentlich mehr in eine leistungsfähige Infrastruktur investieren muss, um einen Schienenverkehr mit ausreichend hoher Kapazität und Attraktivität zu schaffen, der die Anforderungen der Verkehrswende erfüllt. Diese Entscheidungen müssen jedoch auf der Bundesebene fallen. Hier in Hessen tun wir bereits viel, sind uns aber darüber im Klaren, dass noch viel Arbeit vor uns liegt.

Antwort: SPD - Melanie Haubrich:

Ich befürworte zudem den 4-gleisigen Ausbau der Main-Weser-Bahn. Wichtig ist mir allerdings, dass der Ausbau nicht dazu führt, dass hierdurch Bahnhaltepunkte in meinem Wahlkreis entfallen. Dies wäre mit Blick auf die Verkehrswende kontraproduktiv. 

 

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