Hessen

Gießen

Gehwegparken nur im Ausnahmefall - VCD: Mindestbreite beträgt rund 2,50 Meter

Nach der Straßenverkehrsordnung ist das Abstellen von Autos auf Gehwegen generell nicht gestattet. Einzige Ausnahme: Ein Schild oder eine Markierung erlaubt dies ausnahmsweise. Wie breit ein Gehweg sein muss, damit die Stadt diesen zum Parken freigegeben kann, wird in Gießen derzeit sehr emotional diskutiert. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) weist daher auf die geltende Rechtslage hin und macht deutlich: Einen festen Wert für alle Fälle gibt es zwar nicht, aber dafür eine Reihe von Kriterien, aus denen für jeden Fall eine Mindestbreite zu berechnen ist.

Grundsätzlich ist die Gießener Straßenverkehrsbehörde an die Vorgaben der bundeseinheitlichen „Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung“ gebunden, so der  Gießener Kreisverband des VCD. Das Parken auf Gehwegen darf demnach „nur zugelassen werden, wenn genügend Platz für den unbehinderten Verkehr von Fußgängern gegebenenfalls mit Kinderwagen oder Rollstuhlfahrern auch im Begegnungsverkehr bleibt.“ Entsprechend gibt es keine eindeutige Mindestbreite, sondern diese muss anhand der typischen Breiten (z.B. von Rollstühlen, radfahrenden Kindern und Fußgängern mit Handgepäck) sowie den notwendigen seitlichen Sicherheitsräumen abgeleitet werden. Hinzu kommt, dass ein „unbehinderter Verkehr von Fußgängern“ gefordert wird, so dass die Breitenanforderungen an Straßen mit viel Fußverkehr, mit Schaufenstern oder abgestellten Fahrrädern höher anzusetzen sind. Denn auch wenn bei Fußwegen vor allem an das zu Fuß gehen gedacht wird: Auch das Verweilen und das Abstellen von Fahrrädern sind beispielsweise erlaubte  Nutzungen neben dem zu Fuß gehen.

Wenn dies alles berücksichtigt wird, ergeben sich somit recht beachtliche Gehwegbreiten, die in den Straßenbaurichtlinien festgehalten sind: Die Mindestbreite für Gehwege beträgt demnach 2,20 bis 2,50 m. Sie berücksichtigt einen seitlichen Sicherheitsraum von 20 bis 50cm zur Fahrbahn oder zu parkenden Autos und 0,20 m Abstand zu einer Hecke oder einer Mauer.

Je nach örtlicher Situation sind jedoch erhebliche Mehrbreiten einzuplanen, z.B. für Kinderspiel, Haltestellen-Warteflächen, Schaufensterbereiche und Aufstellflächen für Auslagen. An Hauptverkehrsstraßen mit mehr als 10.000 Fahrzeugen pro Tag und im 200- bis 500m-Umkreis von  Schulen, Bahnhöfe und Einkaufszentren sind Zusatzbreiten anzusetzen. Auch bei dichter Wohnbebauung sind größere Breiten anzusetzen. Dies kann dann im Extremfall dazu führen, dass für Gehwege Mindestbreiten von weit über 5 Metern auf beiden Straßenseiten gelten.

„Als Faustformel kann man aber zusammenfassen, dass bei Gehwegbreiten unterhalb von 2,50m das Gehwegparken grundsätzlich ausscheidet“, so Patrik Jacob vom VCD Gießen. Dabei weiß auch er, dass diese Breite an vielen Gießener Straßen nicht eingehalten wird: „In der Vergangenheit wurde vielfach von eine verbleibenden Breite von 1,50m ausgegangen, die aber ein sicheres Begegnen von Fußgängern keinesfalls zulässt. Diese Breite aus Zeiten der autogerechten Stadt darf jedoch schon seit vielen Jahren nicht mehr angewendet werden und hätte vor Gericht keinen Bestand.“ Der umweltfreundliche Verkehrsclub hat daher in den letzten Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass die Gießener Gehwege selbst bei Neubauten oft zu schmal angelegt wurden. Der VCD ist jedoch zuversichtlich, dass mit dem Vorgehen gegen das illegale Gehwegparken in Wieseck durch Stadtrat Rausch ein Umdenken bei Bürgern,  Politik und Verwaltung eingesetzt hat. „Letztendlich sind die Anwohner nämlich doch froh, wenn Kinder wieder auf dem Fußweg mit dem Rad fahren können und man Arm in Arm den Sonntagsspaziergang machen kann. Dies ist mittlerweile auch in Gießen zu spüren“, so Patrik Jacob, der in diesem Zusammenhang auch auf den Koalitionsvertrag von SPD und Grünen verweist, die das Gehwegparken in Zukunft auch in anderen Teilen der Stadt auf das rechtlich zulässige Maß einschränken wollen. Die von Stadtrat Rausch begonnene „Rückgabe“ der Bürgersteige an die zu Fuß gehenden Bürger werde also hoffentlich von der neuen Koalition fortgeführt und ausgebaut.

zurück