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Saubere Luft, Lebenswerte Städte, Autoverkehr, Fuß & Fahrrad, Bahn & Bus, Pressemitteilung
Darmstadt & Darmstadt-Dieburg

Saubere Luft für Darmstadt: das Maßnahmenpaket im Detail

Presse wie soziale Medien haben dem Thema Fahrverbote große Aufmerksamkeit geschenkt, wir wollen an der Stelle nochmal deutlich auf die vielen Maßnahmen hinweisen, die auch im Vergleich stehen. Zusammengefasst kann man sagen: Kraftfahrzeugverkehr reduzieren, öffentlichem Verkehr, Fahrrad- und Fußverkehr mehr Raum geben.

Am Mittwoch, 19. Dezember hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden den Vergleich zwischen Verkehrsclub Deutschland und Deutscher Umwelthilfe auf der Klägerseite sowie Land Hessen auf der Beklagtenseite zu Protokoll genommen. Damit wurde ein großes Maßnahmenpaket für saubere Luft in Darmstadt verbindlich.

Im Fokus der Bemühungen um saubere Luft stehen Heinrichstraße und Hügelstraße, wo NOx-Grenzwerte überschritten werden. Damit sich Verkehre nicht nur räumlich verlagern, sondern Menschen vom Auto auf den Umweltverbund wechseln können, sind ergänzende Maßnahmen in der ganzen Stadt vorgesehen.

Wir waren als VCD-Kreisverband an einigen Stellen in den Prozess eingebunden, da der VCD-Bundesverband gemeinsam mit der Deutschen Umwelthilfe geklagt hat.

Von allen Beteiligten war es gewünscht, Fahrverbote so weit wie möglich zu verhindern und die von der Stadt Darmstadt geplanten Maßnahmen ggf. noch auszubauen. Leider sind die Messwerte zur Zeit noch so schlecht, dass dies kurzfristig nicht ausgereicht hätte.

Wir hoffen jedoch, dass die Bundesregierung mit den immer weiter ausufernden Problemen der Kommunen bald Lösungen zu Nachrüstung und Kontrolle erarbeitet. Denn nur mit Nachrüstung und Begleitmaßnahmen können die Emissionen so weit gesenkt werden, dass kurzfristige weitreichende Maßnahmen wie Fahrverbote irgendwann auch wieder zurückgenommen werden können.

Ein paar der nun kommenden Maßnahmen wollen wir euch noch genauer vorstellen. Wer es ganz genau wissen will findet alle Vergleichsunterlagen am Ende dieses Artikels.

Hügelstraße

Auf Hügelstraße werden wie auf der Heinrichstraße Fahrverbote für Dieselfahrzeuge der Abgasnormen Euro 1 bis einschließlich 5 und für Benziner der Normen 0 bis 2 eingerichtet. Nachgerüstete Fahrzeuge, die im realen Fahrbetrieb (EU-RDE-Testverfahren) weniger als 270 mg/km Stickoxid emittieren, sind von den Verkehrsbeschränkungen ausgenommen. So werden Anreize geschaffen, dass Fahrzeuge nachgerüstet werden. Für uns ist klar, dass das die Hersteller bezahlen müssen.

Vom Mathildenplatz kommend wird ein Fahrstreifen entfallen. In der Zufahrt zum Citytunnel, im Tunnel selbst und in der ganzen Hügelstraße wird künftig Tempo 30 gelten und die Einhaltung mit einem stationären Blitzer überwacht. Zuvor wurden dort Geschwindigkeiten weit jenseits der 50 km/h gemessen, im Einzelfall sogar 78 km/h. Der Kraftverkehr wird dadurch ruhiger und insgesamt flüssiger laufen, was Schall- und Abgasemissionen verringert.

Heinrichstraße

Von Westen wird die Zufahrt zur Heinrichstraße für Kraftfahrzeuge dauerhaft einstreifig erfolgen. Die Einstreifigkeit von der Eschollbrücker Straße kommend wird bis zum Donnersbergring fortgesetzt. Der Radverkehr erhält auf der Heinrichstraße auf beiden Seiten einen Streifen. Bisher gab es dort keine eigenen Verkehrsflächen, sondern Mischverkehr auf der Fahrbahn oder stellenweise freigegebene Gehwege. Das ändert sich endlich.

Schon seit langem ist auf der Heinrichstraße LKW-Verkehr verboten, lediglich Anlieger dürfen einfahren. Das Verbot wurde bislang allerdings nicht wirksam durchgesetzt. Deshalb wird ab Januar 2019 eine automatische Überwachungssäule an der Wilhelminenstraße aufgestellt, die eine gezielte Ahndung bei geringem Personaleinsatz ermöglicht.

Ausweichverkehre

Ein großer Nachteil der Fahrverbote sind die Ausweichverkehre. Während die Grenzwerte in den nun gesperrten Straßen eingehalten werden, sinken die Gesamtemissionen im Stadtgebeit vorerst nicht. Hier greifen hoffentlich bald die darüber hinaus verpflichtenden Maßnahmen des Green-City-Plans.

Grenzwertüberschreitungen in Ausweichstraßen wird es zwar nicht geben, dies wurde vorher umfangreich geprüft. Insbesondere in den Wohnstraßen parallel zur Heinrichstraße wird der Verkehr erheblich zunehmen. Die Berechnungen des Umweltministeriums zeigen beispielsweise für die Annastraße bis zu 3000 PKW, die täglich zusätzlich durch das Wohngebiet fahren. Ähnliche Zahlen gibt es auch für Goethe- und Herrmannstraße.

Hier sehen wir die Stadt in der Pflicht die Verkehre durch geeignete Maßnahmen auf die Hauptverkehrsadern zu lenken und das Wohngebiet zu schützen.

Parkraummanagement

Die Parkzone I wird im Süden nach Bessungen-Nord und bis zur Hermannstraße, im Westen bis zur Hindenburgstraße erweitert. Im Anschluss erfolgt schnellstmöglich die Prakraumbewirtschaftung auf der Mathildenhöhe, im Woogsviertel und im Johannesviertel.

Hier hätten wir uns etwas weitergehende Maßnahmen gewünscht. In München hat die flächendeckende Einführung einer Parkraumbewirtschaftung zu einer erheblichen Reduzierung des KFZ-Verkehrs geführt. Dies ist zu einem großen Teil dem Wegfall von Parksuchverkehren, aber auch dem Umstieg auf ÖPNV und Fahrrad zu verdanken. Parkhäuser, die vorher nur wenig genutzt wurden, waren nun häufiger Fahrtziel. Wohngebiete wurden deutlich entlastet und konnten nun wieder von Anwohnern genutzt werden.

Bei einer teilweisen Bewirtschaftung, wie bisher in Darmstadt umgesetzt, leiden meist anliegende Wohnviertel an der benachbarten Bewirtschaftung, da der Parksuchverkehr nun in diese Quartiere ausweicht.

Darüber hinaus bietet die Bewirtschaftung großes Potential, durch die Reduktion von parkenden Fahrzeugen, Gehwege wieder in ihrer vollen Breite für den Fußverkehr nutzbar zu machen.

Leider gibt es hierzu keinerlei Vereinbarungen im Vergleich. Wir werden wir auch in der Zukunft politisch Druck auf die Stadt aufbauen, Gehwege freizuhalten.

Ausbau des ÖPNV

Am Übergang zwischen Kraftverkehr und ÖPNV soll es mehr P+R-Anlagen geben, sowohl in Darmstadt wie auch in den umliegenden Gemeinden.

Bis 2021 muss die Flotte der HEAG mobilo um 29 batteriebetriebene Elektrobusse aufgestockt werden, so dass 31 % der Busse in der Stadt keine Abgasemissionen mehr erzeugen. Gleichzeitig wird die Zahl der Busse, die mit älterer Dieselabgasnorm unterwegs sind, deutlich verringert. Die verbleibenden Fahrzeuge haben Euro VI.

Außerdem sind Kapazitätserweiterungen und Takterhöhung auf mehreren Linien, dichterer Takt und längerer Betrieb in Abendstunden, die Verlängerung der Straßenbahnlinien in Richtung Griesheim und ein Anschluss nach Weiterstadt geplant. Tarife sollen einfacher und Netzkarten wie Job- und Schülertickets ausgeweitet werden. Der ÖPNV soll an Ampeln weiter beschleunigt, die Fahrgastinformation verbessert und WLAN an Haltestellen wie in den Fahrzeugen ausgebaut werden.

Radverkehr

Der Radentscheid hat den entscheidenden Impuls für den Ausbau des Radverkehr bereits gebracht. Die Stadt verpflichtet sich neben den schon beschlossenen 4 Mio. Euro pro Jahr (2019 bis 2022) und vier weiteren Stellen jetzt zu weiteren Maßnahmen.

Es wird ein geschlossenes Radverkehrsnetze geschaffen, sechs weitere Fahrradstraßen ausgewiesen, für mehr Verkehrssicherheit, mehr Abstellbügel und einen Ausbau der Fahrradverleihsysteme gesorgt. Außerdem sind Raddirektverbindungen, Brücken und Kampagnen für den Radverkehr geplant.

Fazit

Alles in allem hat die Klage von Umwelthilfe und VCD die Stadt nun gezwungen, endlich Maßnahmen zu ergreifen um eine menschenfreundliche und sinnvolle Mobilitätsentwicklung zu starten. Auch wenn wir uns wünschen, dass die jetzt geplanten Maßnahmen noch weiter ausgebaut werden, so ist die Verpflichtung den Green-City-Plan umsetzen zu müssen ein großer und guter Schritt für die Mobilität in Darmstadt.

Und auch wenn Fahrverbote zum jetzigen Zeitpunkt nicht vermeidbar waren, so kann die Stadt mit einer schnellen Umsetzung dieser Maßnahmen möglicherweise schon in wenigen Jahren die Mobilität so umgestalten, dass diese wieder aufgehoben werden können. Hier werden wir die Politik fordern, ihr aber auch helfen den nötigen Mut aufzubringen die notwendigen Maßnahmen zeitnah zu ergreifen,

Weitere Informationen

Es würden den Rahmen sprengen, alle Maßnahmen, die wissenschaftlich abgesicherten Modellberechnungen und ergänzende Informationen hier wiederzugeben. Der vollständige Luftreinhalteplan und weitere Informationen stehen deshalb hier zum Nachlesen bereit:

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