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Landesverband Hessen

Fliegen ist in Frankfurt viel zu billig

Frankfurt, 25.04.2018:

Vortrag zu Flugverkehr und Fluglärm von VCD-Vorstandsmitglied Werner Geiß beim „Tag gegen Lärm“, am 25. April 2018 auf dem Römerberg in Frankfurt.

Unverdrossen halten der Flughafenbetreiber Fraport und die Lufthansa an ihrem Geschäftsmodell  Luftfahrtdrehkreuz fest. Mit vielen Zubringerflügen werden Touristen aus der ganzen Republik in Frankfurt eingesammelt, um sie in riesigen und entsprechend lauten Blechflugzeugen zu tropischen Stränden in fernen Kontinenten zu transportieren.

Die öffentlichen Mehrheitseigner, die Stadt Frankfurt und das Land Hessen, haben für Stadt, Region und Land Klimaneutralität bis 2050 beschlossen. Doch ausgerechnet der größte Klimakiller, der Flugverkehr, bleibt bei den Klimazielen unberücksichtigt. Ansonsten müsste ja am 31. Dezember 2049 der Flugbetrieb nach dem derzeitigen Geschäftsmodell beendet werden.

Die Mehrheitseigner und das Fraport-Management ignorieren konsequent den technischen Fortschritt und die Marktentwicklung im Fernflugverkehr. Das „Drehkreuz“ ist out. Die pseudomodernen riesigen und lauten Flaggschiffe der Lufthansa – A380, B747-8 – sind Ladenhüter! Die globale Konkurrenz bevorzugt innovative, kleinere, sparsamere und vor allem viel leisere Jets aus Verbundwerkstoff, die fast alle Ballungsräume der Welt non stop verbinden können, ohne Umsteigen an einem „Drehkreuz“, ohne lärmige Zubringerflüge. Schon weit über 800 Exemplare der neuen Baureihen A350 und B787 verbinden „Point to Point“ die globalen Metropolen. Nur bisher leider kaum von Frankfurt aus. Zwar beschafft endlich auch die Lufthansa leise Modelle, stationiert sie aber nicht in Frankfurt!

Weil die neue Flugzeuggeneration nicht nur leiser, sondern auch sparsamer und damit klimaschonender ist, wären die von Fraport erhobenen Lärmentgelte bestens zur Strukturierung des Flugverkehrs geeignet. Auf den ersten Blick beeindruckt die Preisliste, kostet doch ein Start in der höchsten Lärmkategorie über 20.000 Euro. Dies gilt leider nur für ein alt-sowjetisches Frachtflugzeug, das in Frankfurt eh nie abhebt. Dagegen haben die anderen Lärmtarife nur symbolischen Charakter. Selbst die lauten Lufthansa-Riesen fürs „Drehkreuz“ kommen mit kaum 1000 Euro je Start sehr billig davon. Schon mit den Flugzeugtypen der 4 leisesten Stufen ließe sich globaler Flugverkehr bis 16.000 km Reichweite realisieren. Ist es nicht Pflicht der verantwortlichen Politik, anstelle von Fraport, diese Lärmentgelte im Sinne der Kostenwahrheit festzulegen? Sie so zu bemessen, dass nur Flugverkehr nach dem neuesten Stand der Technik – leise und klimaschonend – profitabel ist?

Im Planfeststellungsbeschluss wurde der Flughafenausbau als öffentliches Interesse zur Erhaltung der „Drehkreuzfunktion“ begründet. Dass interkontinentaler Flugverkehr künftig keiner Drehkreuze mehr bedarf, war damals vielleicht nicht allen Verantwortlichen klar. Heute ist es aber eine Gewissheit. Die vierte Landebahn, das Terminal 3, vor allem der unerträgliche Lärm zu vieler, zu großer, zu lauter Flugzeuge sind nicht Folgewirkung eines öffentlichen Interesses, sondern des privaten Geschäftsmodells „Drehkreuz“ der Unternehmen Fraport und Lufthansa. Ist ein Planfeststellungsbeschluss in Stein gemeißelt? Unsere gewählten Volksvertreter sollen uns bitte erklären, ob der Rechtsstaat primär überholte und unsinnige Planfeststellungsbeschlüsse schützt oder das Gemeinwohl.

Angesichts aktueller Klimapolitik – 1,5-Grad-Ziel – scheint fraglich, ob der globale Flugverkehr ewig steuerfrei bleiben kann. Das derzeit boomende Statuskonsumgut Flugtourismus - rund 80% der Reisenden! - wird sich mal erschöpfen, Dem Gemeinwohl dient Tourismus ohnehin nicht. Mit Sicherheit sind die Wachstumsprognosen von Fraport langfristig so nicht haltbar.

Deshalb müssen wir nur einen Flughafen akzeptieren, dessen Kapazität seinem Einzugsbereich, also den Bedürfnissen unserer Region  entspricht. Die eingesetzten Flugzeuge müssen dem Stand der Technik entsprechen. Zur Bedienung der Region reichen die vorhandenen Terminals und drei, vielleicht sogar nur zwei Bahnen aus, die Nordwestbahn könnte sicher stillgelegt werden. Der Verkehr könnte mühelos zwischen 6 und 22 Uhr abgewickelt werden. Das geht aber nur, wenn Verkehrspolitik nicht vom Fraport-Management, sondern von unseren gewählten Volksvertretern gemacht wird. Und wenn sie das derzeit nicht können, müssen sie den gesetzlichen Rahmen dafür schaffen. 

  • Wir können nicht warten, bis die Marktentwicklung uns irgendwann mal vom Lärm des Drehkreuzes erlöst. Deshalb müssen die Lärmentgelte jetzt derart angehoben werden, dass sie die volkswirtschaftlichen Kosten aus Lärm und anderen Emissionen von Start und Landung der Flugzeugtypen spiegeln, damit sich der Einsatz lauter Modelle eben nicht mehr rentiert.

  •  Die Klimaschutzkonzepte von Stadt, Region und Land müssen den Flugverkehr einschließen.

  • Hessen muss einen Masterplan für den bundesweiten Fernflugverkehr einfordern, weil der nicht länger auf den dicht besiedelten, lärmsensiblen und daher ungeeigneten Ballungsraum Rhein-Main konzentriert werden darf.

Die Politik muss endlich ihren Job machen!          

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